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Brauchtum
Wallfahrt nach Maria Radna
Wir ziehen zur Mutter der Gnaden, zu ihrem
hochheiligen Bild!
Wallfahrtstradition
der Jahrmarkter nach Maria Radna
Volksfrömmigkeit und Marienverehrung hatten in unserem Heimatort von
frühen Zeiten an einen fruchtbaren Glaubensboden! Der Glaube war fester
Bestandteil des Alltags und der Lebensbewältigung. Bitte und Dank wurden
besonders gerne in den Wallfahrtsort Maria Radna getragen, Buße mit
eingeschlossen.
Am 14. August wurde früh morgens um 4 Uhr das Radna-Amt gefeiert,
nachdem Tage vorher intensive Vorbereitungen für den weiten Weg getroffen
wurden. Eine besondere Stimmung verbreitete sich beim Schmücken der Radna-Wägen
und Pferde. Genügend Proviant wurde besorgt, manch eine backte Kuchen oder
Salzkipfel.
Ein 40 km langer Weg, durch die Ortschaften Bruckenau, Fibisch,
Blumenthal, Aljosch, Guttenbrunn, Neudorf und Lippa, führte zum Ziel. In allen
Orten bzw. Kirchen wurde die pilgernde Schar erwartet.
Angeführt wurde die Prozession von einem Kreuzträger, gefolgt von sechs
Fahnenträgern. Das Kreuz trug immer ein Mann, die Fahnen Mädchen und junge
Frauen – damit verbunden waren Buße und Ehre. Gestartet wurde die Prozession
mit dem Lied „Wir ziehen zur Mutter der Gnaden“, gefolgt von unzähligen
Marienliedern, mit dem wohl bekanntesten von allen, dem Lourdes-Lied „Die
Glocken verkünden“.
Unter den Klängen der Loris-Kapelle wurde die große Prozession aus
Jahrmarkt auf dem Pilgerweg und in Radna bestaunt. Der Weg dahin war
anstrengend, es brannte die Augustsonne heftig auf steinige bzw. später
geteerte Straßen und dick staubige Gassen. Schutz bot nur der mitgebrachte
Regenschirm.
Auf der Marosch-Brücke angekommen, konnte man die zwei Türme der
Basilika zwischen schattigen Bäumen erblicken. Das Ziel war erreicht, doch noch
an den ersten Stufen fiel manch eine oder einer vor Müdigkeit erschöpft um. Das
Vorhaben, die ganze Strecke zu Fuß zu laufen, war jedoch geschafft. Unzählige
Male wurde das Lourdes-Lied „Die Glocken verkünden“ angestimmt. Die Glocken
läuteten kräftig die große Prozession von Jahrmarkt ein.
Die Herbergen und Schlafgelegenheiten waren einfach, auf Fußböden und
Strohsäcken. Für die Jugend war es eine willkommene, unterhaltsame
Zusammenkunft.
Am 15. August, dem Tag Maria Himmelfahrt, hatte die Jahrmarkter Gruppe
eine eigene Messe in der Wallfahrtskirche, die auch von anderen Landsleuten gut
besucht wurde. Man lauschte gerne den Klängen der Loris-Kapelle. Eine Beichte
im Wallfahrtsort war eine Selbstverständlichkeit. Der Andrang an den
Beichtstühlen war groß. Auch das Angebot unter freiem Himmel zu beichten wurde
von vielen gerne angenommen. Im Korridor der Wallfahrtskirche, heute Basilika,
konnte man unzählige Votivtafeln bestaunen, Bitt- und Danksagungen, Erhörungen
bei erfahrener Hilfe der Gottesmutter.
Nach dem Gottesdienst strömten die Massen vor die Basilika. Dort
drängelte man sich an Ständen vorbei, um ein Andenken für die daheim
Gebliebenen zu erwerben: leuchtend gefärbte Gebäckrosenkränze, Engel, kleine
Körbchen, Wachsstöcke, Kerzen, Bildchen. Die Freude war doppelt: beim Erwerb
und beim Schenken an die Kinder, die mit leuchtenden Augen die „Radnaleit“ in
Jahrmarkt erwarteten.
Am Nachmittag wurde der Kreuzweg gebetet. Unter dem Schatten der Bäume
war der Aufstieg leichter. Der Abschied an der Muttergottesgrotte unterhalb der
Basilika war sehr beeindruckend. Kreuz- und Fahnenträger umrahmten die Grotte,
alle Wallfahrer waren voller Dank, Zuversicht und Hoffnung.
Die Heimreise wurde zum kleinen Abenteuer in einem überfüllten Zug von
Radna nach Jahrmarkt. Zu Hause wurden die Pilger von Familienangehörigen,
Nachbarn und Verwandten am Bahnhof empfangen. Unter den Klängen der Musik und
dem Gesang der Wallfahrer zog die Prozession zur Kirche. Das Ave Maria erklang
zum letzten Mal und die Glocken geleiteten die Prozession in die Kirche.
Zufrieden war man wieder zu Hause, gestärkt im Glauben, mit neuer Hoffnung für
die Zukunft und der Liebe für die Gemeinschaft und das Leben.
Wenn die Sonne sich am Abend des 15. August blutrot über den Ort
senkte, wurde es andächtig und still, so, als hätten alle den Hauch aus Radna
gespürt.
Neben den alljährlichen Feiertagen des Kirchenjahres blieb die
Sehnsucht unserer Landsleute nach einer Wallfahrt hier in Deutschland erhalten.
Viele pilgern nach Altötting, Maria Zell, Violau oder Deggingen.
Für viele Jahrmarkter fanden wir ein ungewöhnliches Wallfahrtsziel, und
zwar zu den Wurzeln vieler Ahnen, nach Herrischried in den Hotzenwald. Gruppen
aus Rastatt, Freiburg und Reutlingen sowie aus dem ganzen südlichen Raum kamen
am 15. August 2002 und 2004 nach Herrischried. Der Wallfahrt nach Maria Radna
gedenkend, sangen und beteten wir in den Bussen, pilgerten zur Ödlandkapelle
und gedachten am Heimatkreuz der Kapelle unserer Toten.
Pilgern heißt unterwegs sein zu Gott, mit Bitte und Dank seine Nähe und
Stille erfahren. Auch die heutige Zeit braucht das Pilgern und Unterwegssein.
Im Gemeinschaftssinn, füreinander und miteinander.
Das Leben hat sich gewandelt. Liebgewordenes Altes muss man mit
vielleicht noch unbekanntem Neuen verbinden. Das war schon immer so. Es ist
vergessen, dass im 18. Jahrhundert in die Kirche nach Jahrmarkt gepilgert
wurde. Auch wenn uns Vieles oft überfordert, wollen wir weiter den Weg des
Glaubens gehen, gemeinsam noch manches Jahr zu unseren Wurzeln pilgern, mit
einer innigen Marienverehrung im Herzen!
Helene Eichinger
Radnalied beim Beginn der Fußwallfahrt gesungen
Abschiedslied an der Gottesmutter in der Grotte vor
der Kirche Maria Radna
Wer noch interessante Fotos hat,
kann sie per E-Mail oder per Post an Helene Eichinger schicken.
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